Donnerstag, 10. November 2011

[für Katharina Henoth]







Ein Teufelsmal,  
kreischte die Tante heiser.
Ich war ein Kind
und hatte die Wunde
zwischen den Augen
längst vergessen.

Später legte ich eine Haarlocke
über die Narbe.

Keifende Weiber überall.
Ein Grauen, sagte ich lachend.



Behext hat sie uns!
Sie tanzten und gurrten
mit fordernden Fratzen
und brüllten irr
meinen Namen.

Sie nahm uns die Kinder,
wisperte es aus den
einsamen Wochenbetten.

Mit Raupen,
so klagten die Bauern dumpf,
hat sie uns die Felder besetzt.

Sie johlten und grüßten mich
zahnlos und böse
auf meinem Weg
in den stinkenden Kerker.

Ich dachte an Christus,
der nie widerrief,
als sie mich kahl schoren
das Stirnmal fanden
und gierig nach teuflischen Amuletten
in meinem Innern wühlten.

Ich dachte an Christus
an seinem Kreuz,
wenn sie mir wieder und wieder
die Knochen brachen.
Nur eine Hexe, spuckten sie
vor mir aus,
kann jetzt noch leben.

Der Stapel Holz war schon entfacht,
da kam der Notar,
der meine Unschuld beweisen sollte,
und ich signierte das Schriftstück
mit meiner linken Hand.

Entsetzt malten sie
das Kreuzzeichen in den Rauch,
denn links schreibt
der Teufel.

Hier ist die Wahrheit,
rief ich und hob den
blutigen Stumpf meiner Rechten.


für Katharina Henoth (
1627 erdrosselt und verbrannt), die trotz extremer Folter bis zuletzt ihre Unschuld beteuerte

M. B. 2010















2 Kommentare:

Anna Schüler hat gesagt…

Sowohl Bild als auch Text berühren mich sehr.......

Anonym hat gesagt…

Hab gestern auch was zum Hexenwahn machen müssen, und bin jetzt auf diese Arbeit gestoßen. Danke.

http://sebastiants.de/hexenhammer-in-erinnerung-an-agnes-bader-und-anna-mindelheimer