Dienstag, 27. Dezember 2011

Tagebuch/ Raunächte: 3










KERNGESCHICHTEN



Traum 26./ 27.12.2011

Ich hole meine Installation – 12 tiefblaue, fast violette Kleider – aus einem Museum; die Ausstellung ist zu Ende. Zwar kenne ich dieses Kunstwerk nicht, dennoch weiß ich, dass es meins ist. Auf dem Boden sind Gegenstände von anderen Künstlern, deren Kunst verstreut. Ich hebe eine Uhr auf, stecke sie in meine Tasche; dann habe ich aber Skrupel, weil sie mir nicht gehört, und ich lege sie zurück. Dann mache ich mir Gedanken darüber, wie ich meine Kleider-Installation demnächst aufhängen möchte. Mir fallen diese Draht-Kleiderbügel ein, ich entscheide mich aber dagegen, weil eine Freundin und Kollegin so etwas schon gemacht hat. So muss ich meine zwölf Traumkleider wohl an Nägel (oder an den Nagel) hängen -







Fundstück im Internet:

Der Mensch bringt täglich sein Haar in Ordnung, warum nicht auch sein Herz (aus China)



Eine Textskizze 



Doch! Ich habe den Ballast schon abgeworfen, ich bin leicht geworden und habe gestaunt.

Vielleicht aber trage ich immer noch ein Flämmchen dieser Todesangst in mir; als meine Mutter kurz vor Weihnachten (2010) starb und ich keine Eltern mehr hatte, wurde mir klar, dass es meine Generation ist, die nun langsam in den Tod wächst. Ich habe Angst vor dem Schattenreich des Sterbens. Aber so viel ist mir doch vom Glauben geblieben, dass ich mir – vielleicht, wie in Psalm 23,1 und anderen geschildert – ein Himmelreich vorstellen kann. Was mir vor einiger Zeit von einem guten Bekannten bestätigt wurde, der klinisch tot war: Er berichtete von wunderschöner Musik an einem Ort, wo er fast hätte bleiben wollen – aber dann ging es doch noch einmal zurück ins Leben. Das nimmt einem die Angst. Aber hat meine Mutter wohl auch solche wunderbaren Klänge gehört, als sie zwei Tage einsam in ihrer Wohnung lag? Sah sie in jenen Dezembernächten das Licht, das wir noch nicht sehen können?

Eine Mohnkapsel habe ich unter mein Kissen gelegt, keine harte Nuss. Sondern unzählige Möglichkeiten, Variationen vergänglicher Schönheit, eingekapselt in beinahe geometrische Ordnung. Und alles so leicht. Ich freue mich auf das flammende Mohnrot, dieses kurze Feuer im frühen Sommer, das sich dann bald wieder einschließen lässt für das nächste Jahr. In der Mohnkapsel ist so viel Zukünftiges. Der nächste Sommer schläft darin. Überschwängliches ist selten und eher punktuell, jedenfalls keine lange Phase. Das Potenzial schlummert, wird aufbewahrt in einem skurrilen Gefäß, das an eine Urne erinnert oder an den Erker einer alten Burg, an Dornröschenschlaf. Vieles könnte geweckt werden; wer kennt schon alle verborgenen Talente der Menschen? Was wird sie eingekapselt lassen – harte Arbeit, die Forderungen der Gesellschaft? (So mancher liebt vor allem äußere Struktur und hat den Inhalt längst ausgeschüttet).

Der Mohn mit seinen Widersprüchen: Blume des Feuers und verbotene Opiumpflanze, Wachen und Schlafen, Leben und Tod.

Nein, ich suche keinen Kern, weder Nusskern noch Zellkern noch Atomkern, kein Zentrum. Ich möchte Wörter säen, Gedankensplitter streuen, die sich neu fügen, immer wieder neu zusammenwürfeln, zusammenfinden.



Wir sind Aleatorik und Ordnung.









Gedicht


Am Ende


Die Nacht war voller Frost.

Im trüb gewordnen Licht
fielen vertraute Klänge
auf den Boden
und alle Wörter brachen
aus der Fassung.







Keine Kommentare: