Sonntag, 26. Mai 2013

❧ Gedichte zum Nachlesen








Fundstück/ Fotografie Marlies Blauth




Vielleicht
weil es so selten war:
wenn sie ausgehen wollte
im weißschwarzen kleid
roch der abend lippenrot süß

an ihren zitronenhänden
ein rest kardamom
muskatblütenworte wehten
als sie wegtanzte
durch den winzigen flur



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Düfte der Kindheit

Durch die geraume Zeit
weht mir Erinnern entgegen:
Stachelbeerdüfte und Buchs,
Lederworte, verschlossen;
Cosmeen im Honigwind
schilfernd vor holzigen Lauben.
Erntegeräusche.
Regen auf Sommerasphalt,
Silbenstaub, Tropfen aus Glas.
Das Haus, das eine Küche war:
Marmelade,
zitronig helles Gebäck
und dunkel gekochte Sprache.
Knistern,
der Duft einer sterbenden Kerze.



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Markthalle


Kommen Sie,
schauen Sie!

Wir reichen – permanent – Köstliches!
Kokospfannkuchen mit Pfefferminz.
Pilze pochiert, Pomeloknödel,
gepökelte Pampelmusen!
Pasteten von Bärenklau,
Pansencreme, süßgekocht
Komodoprinten, Pfauenkompott,
Stilblüten in Aspik,
Pflaumenköder, Plusquamperfekt –
probieren Sie, kosten Sie!



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Im Bad

Rosenwasser schöpft sie
mit Fingerkelchen
und während sie sich
ins Wohlige lehnt
verschwimmt
malt sie mit ihren Augen
Bilder

Aus Kieselschwämmen
und Muschelgläsern
von bläulich duftender Luft
verstrichen
lilagerissene Blüten
um Meermädchenhaar
zergangen
im nassen Moment

Das Aquarell
ist ein Fisch



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Ich gehe auf diesem Pfad
durch die Thymianwiese,
sehe Schafgarbenköpfe weißlich
behände von mir gestreift:

Wildkräuterbutter -
frage mich,
welches Kraut wichtig wäre
für diesen Duft
gerebelt, gemörsert
durch so viele Jahre

und nie ganz verweht.





Foto und 5 Texte: © Marlies Blauth







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