Samstag, 24. Mai 2014

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Sonnenblumenregenschirm


Was ist ein Schirmrohling?
Im Feinkostladen
könnte man fragen,
da würden sie sagen:
„Parasol!“
„Nein, Parapluie“ –
nun gut, such ich
im Baumarkt, im Bastelladen.
„Zum Bemalen, nicht wahr?“
weiß die geschäftige Dame
im Bastelshop, bringt
einen nacktweißen Schirm
(-rohling) plus Textilfarbe.
Zu Hause spann‘ ich ihn auf,
zeichne darauf Konturen
von Helianthusblüten.
Und wenn diese Linien
trocken sind, male ich weiter
die Felder aus, sonnengelb.
Wie schön!
Jetzt soll ich Salz draufstreuen
für die Struktur
(sieht kunstvoller aus) – na ja.
Nach einem Tag
Trockenzeit muss ich
bügeln, meinen Schirm bügeln.
Ob er das haben will?
Hält er das überhaupt aus?
Aber die Farbe muss durch Erwärmen
regenfest werden (ja natürlich) –
ich leg‘ also Backpapier drunter und drüber
und heize ein.
Das Eisen zischt, der Schirmling schmollt
(das hatte er nicht erwartet),
ich rede ihm gut zu,
streichle ihm über den Stoff
und sage, dass er’s bald geschafft hat,
dass ich nur noch kurz – doppelt hält besser –
Imprägnierung aufsssssprühen muss.
Dann darf er die Werkstatt verlassen.
Er fragt mich leise,
warum er nicht weiß bleiben durfte.
Das habe ihm besser gefallen.
Weiß wie ein Champignon.
Ich tröste ihn, singe
Weeeee are the champions
und er beschirmt mich fortan
als faltbares sonniges Blumenfeld.


M. B. 2014






Dieses Gedicht entstand im Rahmen des frapalymo-Projekts Mai 2014 von Sophie Paulchen. Das Thema war „verdichtete Gebrauchsanleitung“.







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