Pfingsten ist mein Lieblingsfest. Weil es daran erinnert, dass man mitten
im Leben steht: Man muss Veränderungen nicht nur zulassen, sondern mit daran
arbeiten.
Und weil einige Begriffe mit Pfingsten zu tun haben, die auf
meinen Beruf hinweisen – inspiriert werden, kreativ sein, sich begeistern
lassen.
Alles deutet also auf Bewegung hin, das Gegenteil von
Stillstand. Im Moment haben wir die Jahreszeit, die uns das vormacht: Jeden Tag
bietet sich ein neues Bild in der Natur, neues Sprießen, neue Farben, neue
Blüten.
Ich habe versucht, eine Bildauswahl zusammen zu stellen, die
genau das zeigt. Die vielleicht eine Verbindung ist zwischen Drinnen und Draußen,
Gottesdienst und Alltäglichkeit – denn religiöse Kunst ist es ja nicht. Auch
wenn ich z. B. Bezug nehme auf die liturgischen Farben. Rot – Grün – Violett –
Weiß. Oder ein Blau benutze, das tief leuchtet und deshalb einen etwas spirituellen
Eindruck macht. Aber die meisten Bilder sind auch schon in Galerien gewesen, wo
dann niemand Kirche (oder so) assoziierte.
Also sogar fertige Bilder sind in Bewegung: Das Umfeld prägt die
Aussage mit. Das feurig rote Bild im Altarraum korrespondiert zurzeit mit den
Paramenten. Der Bezug zu den entsprechenden Farbtafeln fällt leicht, weil sie
die gleiche Größe haben, die sonst in der Ausstellung nicht vorkommt.
Hier habe ich im Übrigen mit Strukturen gearbeitet. Vielleicht intuitiv,
weil die Bewegung, die Veränderung, die ich meine, immer auch strukturiert
passiert und passieren muss – sonst wäre es Chaos. Aber das ist ja nicht
gemeint. Der Rahmen, in dem ich mich bewege, ist immer irgendwie festgesteckt.
Übersetzt in meine künstlerische Tätigkeit heißt das: Ich kann nicht
willkürlich Materialien mischen bzw. übereinander setzen, ich muss zumindest
ein paar Grundregeln kennen, damit die Bilder nicht nächste Woche schon
zerbröseln.
Wenn ich diese Regeln beachte – zum Beispiel keine
wasserlösliche Farbe auf fettlösliche, oder dass ich bestimmte Malgründe erst
abschleifen muss –, dann kann ich mich inspirieren lassen und (hoffentlich)
andere Menschen begeistern. Denn ich darf die Materialien verwandeln, wenn wir uns über die Bilder unterhalten, werden wir
nicht über Ultramarinblau oder Deckweiß reden, sondern über das, was ein Bild
vermittelt, sagt.
Kürzlich, in einer Matinee, sagte ein bekannter Künstler*, man
müsse sich auch helfen lassen bei der
künstlerischen Arbeit. Das meinte er im Sinne des Inspiriertwerdens. Jeder, der
kreativ arbeitet, kennt die Leere, die Betriebsblindheit, die Müdigkeit der
Routine – und auch wenn er nicht so gestrickt ist, dass er den heiligen Geist
herbeisehnt oder -ruft, so wünscht er sich doch nichts dringender als eine Idee
zu haben.
Die Hilfe kommt aber auch manchmal später, durch Kommunikation
mit den Menschen oder mit den Bildern selbst: Man entdeckt mitunter – fast geheimnisvolle
– Dinge, die vielleicht im Unterbewusstsein steckten, die man bei der Arbeit
jedenfalls nicht im Auge oder im Sinn hatte. Das Bild Lebensbaum (hier in der Mitte des Textes) hat, wenn man genau
hinsieht, eine Endlosschleife in sich, also, um 90° gekippt, das Zeichen für
unendlich. Das ist irgendwie durch den Druckvorgang mit den Blättern aus
Linoleum passiert, war nicht bezweckt, ist aber genau das, was ich sagen
wollte: Das Lebendige ist unendlich.
Im hinteren Raum sehen Sie meine Landschaftsbilder. Hier sind es
verschiedene Tages- und Jahreszeiten, die die Farbigkeit bestimmen. Weil man
alles, was nicht direkt im Vordergrund ist, eher in abgetönten, pastelligen
Farben sieht, habe ich mit dieser Farbpalette versucht, die Weite der
Landschaft zu betonen. Zum Schluss ein kurzes Gedicht von mir, das meine
Landschaftsmalerei auf seine Weise erläutert:
Panoramabild
über Strichlandschaft
Himmelslicht
transparent weiß gewölkt
Er weidet mich auf grünen
Auen
male ich Frühsommerschatten kühl violett
zum Verweilen
und führt mich zu stillen
Wassern
im Sonnengesprenkel
aus frischer Farbe
die noch glänzt**
Marlies Blauth
Dieser Text bezieht sich auf eine Ausstellung in der Kreuzkapelle Hohenlimburg (Pfingstzeit 2015)
Dieser Text bezieht sich auf eine Ausstellung in der Kreuzkapelle Hohenlimburg (Pfingstzeit 2015)
*Felix Droese in der Ev. Kirche Osterath
** in meinem in Kürze erscheinenden Gedichtbändchen zarte takte tröpfelt die zeit
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