Donnerstag, 28. Mai 2015

Pfingstgedanken II











Pfingsten ist mein Lieblingsfest. Weil es daran erinnert, dass man mitten im Leben steht: Man muss Veränderungen nicht nur zulassen, sondern mit daran arbeiten.
Und weil einige Begriffe mit Pfingsten zu tun haben, die auf meinen Beruf hinweisen – inspiriert werden, kreativ sein, sich begeistern lassen.

Alles deutet also auf Bewegung hin, das Gegenteil von Stillstand. Im Moment haben wir die Jahreszeit, die uns das vormacht: Jeden Tag bietet sich ein neues Bild in der Natur, neues Sprießen, neue Farben, neue Blüten.





Ich habe versucht, eine Bildauswahl zusammen zu stellen, die genau das zeigt. Die vielleicht eine Verbindung ist zwischen Drinnen und Draußen, Gottesdienst und Alltäglichkeit – denn religiöse Kunst ist es ja nicht. Auch wenn ich z. B. Bezug nehme auf die liturgischen Farben. Rot – Grün – Violett – Weiß. Oder ein Blau benutze, das tief leuchtet und deshalb einen etwas spirituellen Eindruck macht. Aber die meisten Bilder sind auch schon in Galerien gewesen, wo dann niemand Kirche (oder so) assoziierte.
Also sogar fertige Bilder sind in Bewegung: Das Umfeld prägt die Aussage mit. Das feurig rote Bild im Altarraum korrespondiert zurzeit mit den Paramenten. Der Bezug zu den entsprechenden Farbtafeln fällt leicht, weil sie die gleiche Größe haben, die sonst in der Ausstellung nicht vorkommt.

Hier habe ich im Übrigen mit Strukturen gearbeitet. Vielleicht intuitiv, weil die Bewegung, die Veränderung, die ich meine, immer auch strukturiert passiert und passieren muss – sonst wäre es Chaos. Aber das ist ja nicht gemeint. Der Rahmen, in dem ich mich bewege, ist immer irgendwie festgesteckt. Übersetzt in meine künstlerische Tätigkeit heißt das: Ich kann nicht willkürlich Materialien mischen bzw. übereinander setzen, ich muss zumindest ein paar Grundregeln kennen, damit die Bilder nicht nächste Woche schon zerbröseln.
Wenn ich diese Regeln beachte – zum Beispiel keine wasserlösliche Farbe auf fettlösliche, oder dass ich bestimmte Malgründe erst abschleifen muss –, dann kann ich mich inspirieren lassen und (hoffentlich) andere Menschen begeistern. Denn ich darf die Materialien verwandeln, wenn wir uns über die Bilder unterhalten, werden wir nicht über Ultramarinblau oder Deckweiß reden, sondern über das, was ein Bild vermittelt, sagt.

Kürzlich, in einer Matinee, sagte ein bekannter Künstler*, man müsse sich auch helfen lassen bei der künstlerischen Arbeit. Das meinte er im Sinne des Inspiriertwerdens. Jeder, der kreativ arbeitet, kennt die Leere, die Betriebsblindheit, die Müdigkeit der Routine – und auch wenn er nicht so gestrickt ist, dass er den heiligen Geist herbeisehnt oder -ruft, so wünscht er sich doch nichts dringender als eine Idee zu haben.

Die Hilfe kommt aber auch manchmal später, durch Kommunikation mit den Menschen oder mit den Bildern selbst: Man entdeckt mitunter – fast geheimnisvolle – Dinge, die vielleicht im Unterbewusstsein steckten, die man bei der Arbeit jedenfalls nicht im Auge oder im Sinn hatte. Das Bild Lebensbaum (hier in der Mitte des Textes) hat, wenn man genau hinsieht, eine Endlosschleife in sich, also, um 90° gekippt, das Zeichen für unendlich. Das ist irgendwie durch den Druckvorgang mit den Blättern aus Linoleum passiert, war nicht bezweckt, ist aber genau das, was ich sagen wollte: Das Lebendige ist unendlich.

Im hinteren Raum sehen Sie meine Landschaftsbilder. Hier sind es verschiedene Tages- und Jahreszeiten, die die Farbigkeit bestimmen. Weil man alles, was nicht direkt im Vordergrund ist, eher in abgetönten, pastelligen Farben sieht, habe ich mit dieser Farbpalette versucht, die Weite der Landschaft zu betonen. Zum Schluss ein kurzes Gedicht von mir, das meine Landschaftsmalerei auf seine Weise erläutert:   


Panoramabild

über Strichlandschaft
Himmelslicht
transparent weiß gewölkt

Er weidet mich auf grünen Auen
male ich Frühsommerschatten kühl violett
zum Verweilen
und führt mich zu stillen Wassern
im Sonnengesprenkel
aus frischer Farbe
die noch glänzt**


Marlies Blauth


Dieser Text bezieht sich auf eine Ausstellung in der Kreuzkapelle Hohenlimburg (Pfingstzeit 2015)





*Felix Droese in der Ev. Kirche Osterath

** in meinem in Kürze erscheinenden Gedichtbändchen zarte takte tröpfelt die zeit





















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