Lesung im
Kulturladen Hörde: Bilder aus Kohlenstaub. Lyrik und kurze Prosa
70 Minuten Lesezeit mit anschließendem Gespräch, ganz ohne Pause. Viele, viele Gedichte. Und das ist anstrengend, auch zum Anhören. Umso mehr erfreut mich – immer noch –, dass ich vor einem still-konzentrierten Publikum lesen durfte, das im übrigen zum Schluss mit positiven Reaktionen nicht sparte. „So gute Bilder und gleichzeitig so gute Texte!“ – „Es war ein leises Stück Dortmund, wie eine große, etwas kohlenstaubige, geöffnete Hand“ – „Ich fands: gut!“ Die Bilder, tatsächlich aus Kohlenstaub, waren an die Wand gebeamt und also für jeden sichtbar, passend zum Text (natürlich habe ich mich zweimal verfranst, aber das passiert eben beim Lesen-Blättern-Tastendrücken).
Danke natürlich auch dem Kulturladen auf der Alfred-Trappen-Straße 17 in Dortmund-Hörde, der mit seinen vielen Kunstwerken, nicht nur im Hintergrund, sondern überall, eine ganz besondere Räumlichkeit bot. Was für eine gute Idee, dort eine Lesereihe zu etablieren!
Ja, Hörde. Nicht nur, dass wir auf dem Rückweg mit einem Zug fuhren, der uns eine Direktverbindung von Hörde nach Düsseldorf bescherte (ohne eine lahme S-Bahn zu sein; ich verstehe die Streckenführung noch immer nicht!). Ich bin ja fast auch ein Hörder Kind. Von Berghofen/Loh aus gesehen, war Hörde immer „Großstadt“; dort kaufte man ein, oft kamen und gingen wir übrigens zu Fuß. Es gab ein Milchgeschäft, einen Uhrmacher, ein kleines Kaufhaus, einen Süßwarenladen und ein Reformhaus (=Bioladen von damals). Und, wie ich einige Jahre später erfuhr, einen Laden mit feinsten Künstlerfarben, etwas versteckt in einem idyllischen Hinterhof gelegen. Ich erzählte schon an anderer Stelle, wie ich dort die größten Schulden meines Lebens machte, weil mich die wunderschönen Farbtöne in einen heftigen Kaufrausch versetzten. Als ich ziemlich glücklich mit meiner Beute zu Hause ankam, ahnte ich aber auch gleich den Wermutstropfen: Man lieh sich doch kein Geld, schon gar nicht „so viel“ (nun gut, 80 Mark waren damals durchaus eine Hausnummer), vor allem wenn „man“ gar nicht so viel Taschengeld besaß. Es war jedoch gut investiert, was dann auch irgendwann meine Eltern verstanden.
In
Hörde traf ich mich auch eine Zeitlang mit einem Jungen aus unserer
Jugendgruppe; wir gerieten fast immer in lebhafteste politische Diskussionen, die
aber erstaunlicherweise so hochkultiviert waren, dass diametral
unterschiedliche Standpunkte immer in einer Art Gesprächskonsens zusammengefasst
wurden. Was man sich heute kaum noch vorstellen kann.
Und der
Junge schrieb Gedichte – was ich unglaublich bewunderte. Wie macht man das? Ich
hätte auch so gern Gedichte geschrieben. Heute frage ich natürlich: Warum habe
ich es nicht einfach getan? Was gab es für Hemmungen? Nun, ich habe, zumindest
wenn es ums „ernsthafte“ Schreiben geht, noch gut 30 Jahre gewartet. Aber
dann!! Dann hatte ich auch meine „Zettel“ – wie der junge Mann damals. Wie gern
würde ich seine Gedichte noch einmal lesen! Doch es gibt sie nicht mehr, wie
ich irgendwann hörte. Ob er später noch einmal angefangen hat zu schreiben? Ich
glaube nicht. Schade.
Ich will nicht sagen, dass in Hörde alles angefangen hat, nein; aber es ist ein Ort, mit dem ich Vieles verbinde. Das Phoenixwerk, den feuerroten Himmel beim Hochofenabstich, meine ersten teuren Ölfarben, P’s Gedichte. Viel später war ich zufällig beim Fluten des Phoenixsees dabei, Hörde war beinahe gesichtslos geworden durch die Stilllegung und das Abtragen des Phoenixwerks und bekam nun seinen Neuanfang, wie eine Häutung. Schön fand ich es nie, aber herzerwärmend; Heimat eben.
Und so schlossen sich am 29.7. ein paar Kreise: hier hatte ich nun meine bisher längste Lesung und fühlte mich … ja, zu Hause. Eine unprätentiöse und verständnisvolle Stimmung umfängt mich, fragt, wo ich so lange gewesen bin.
Danke!
Über
die Bilder
meiner
Erinnerung
fällt Staub
Kohlestaub
sie
sind ein Hauch
aus
Hellgrau
und wenigen Worten
Ich wäre auch so gerne dabei gewesen;)
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