Grüße aus der Provinz
Das muss eine Glosse
werden … auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie. Denn der Sachverhalt ist
etwas spärlich. Aber genau darum geht’s: Alles etwas dünne.
Gestern bekam ich Post: Man –
das heißt: „meine“ Stadt, in der ich wohne und arbeite – gratulierte mir „zum
2. Platz mit Ihrem [= meinem] Werk“. Ja, ich hatte an einem Kunstwettbewerb
teilgenommen. Zum zweiten Mal: Beim ersten landete ich, mit einer anderen
Arbeit natürlich, auf Platz 3. Damals gab ich ein Sümmchen Geld aus, für ein Ensemble aus 15
Leinwänden und die Druckvorlage – was aber niemanden interessierte, auch nicht, als ich es auf eine Platzierung schaffte. Der „Lohn“ für uns Auserwählte sah vielmehr so aus, dass ein paar (wenige) Poster mit dem Werk an ausgesuchten Bushaltestellen-Häuschen installiert wurden. Wohl als Werbung … oder so. Leider
erfuhr man als KünstlerIn nicht einmal, wo genau – man musste folglich die Wartehäuschen
selbst abklappern. Um dann nicht schlecht zu staunen, dass – in meinem Fall
jedenfalls – der Entwurf nur zum Teil übernommen worden war, man hatte einfach
die Ränder abgeschnitten (deren Farbe wir gut austariert hatten …) und, damit
die Proportionen wieder stimmen, auch noch einen Teil meiner Zeichnungen auf
die Hälfte gekappt. Oh je.
Da es auch noch andere Dinge
gibt, die wir KünstlerInnen nicht so toll finden, boten wir „der Stadt“ an, uns
bei solchen Projekten zukünftig um Rat zu fragen. Wäre natürlich mal wieder für
umme – aber Professionalität würde ja nix schaden. Wir sprachen natürlich auch
ehrlich aus, was bei diesem Wettbewerb nach unserem Dafürhalten (heißt: eigentlich
für jeden erkennbar) schiefgegangen ist.
Der nächste Wettbewerb war
da schon in der Pipeline: Ein schwieriges Thema und viel zu wenig Vorbereitungszeit.
Soweit ich weiß, quittierten das die hiesigen Künstlerinnen und Künstler mit Nicht-Teilnahme.
Kann sein, dass ein weiterer
Wettbewerb folgte. Bei einem weiteren Gespräch betonte ich nochmals, dass diese
Statuten – vor allem die Präsentation an Bushaltestellen – einfach nicht zu
professioneller Kunst passen. Dass zumindest die Materialkosten erstattet
werden sollten usw.
Nun also bekam ich eine erneute
Wettbewerbs-Einladung. Diesmal ohne Thema … Och, dachte ich, versuch ichs doch
nochmal, denn diesmal würden wenigstens zusätzliche (Material-)Kosten wegfallen:
Es gab ein Bild, das schon viel Resonanz bekommen hatte, ja, fast angekauft
worden wäre, wenn der Interessent nicht ein größeres Format hätte haben wollen –
und ein hochauflösendes Foto dieses Bildes hatte ich auch.
Und ich war, neugierig und
optimistisch zugleich, davon überzeugt, dass „man“ unsere Kritik wenigstens zu
einem kleinen Teil angehört und beherzigt hat, dass zumindest einige Details nun
anders laufen würden. Zum Beispiel könnte man unsere Originalbilder ja in einem
wetterfesten Raum präsentieren, was eine gewisse Wertschätzung ausdrücken
würde.
Aufgrund einiger
Personalwechsel in der Zwischenzeit hätte das durchaus sein können … aber: mitnichten.
Im gestrigen Brief – der sich
schon auf dem Weg ins Altpapier befindet, ich musste nur noch schnell einer Freundin
daraus zitieren – wird mir, siehe oben, nett gratuliert. Dann berichtet man mir
noch, wer den 1. Platz errungen hat; Platz 3 scheint es mangels Masse gar nicht
zu geben. So weit, so gut.
Stellt sich allerdings die
Frage, was ich nun von meinem Platz-zwei eigentlich genau habe! Ob „ich“ jetzt
im einen oder anderen Wartehäuschen hängen darf … nicht einmal das wird mir
verraten! Spannend, oder?
Zum Thema Bushaltestellen
ist noch zu ergänzen, dass ich überhaupt zu den wenigen Doofen gehöre, die die
Öffis benutzen: Hier auf dem Land fährt man Auto, die Wohlhabenden unter uns
gönnen sich sogar eine Auswahl von zwei oder drei Automobilen und stellen sich
ganz sicher nicht irgendwohin, um Bus zu fahren und zuvor noch Kunst zu goutieren.
Die rauschen einfach dran vorbei und schauen sich Kunst woanders an.
Schülerinnen und Schüler
fahren mit dem Bus – aber vermutlich wäre denen angesagte Werbung lieber als
angestaubte Kunst.
Währenddessen hängen 22
meiner Arbeiten aktuell in einem Museum. Was für eine andere Welt … Manchmal
sage ich hier (nur halb-)scherzhaft: Das Gute an unserem Ort ist, dass man
schnell wegkommt.
Zumindest dann, wenn man
Kunst macht: Die hängt hier tot überm Zaun und muss woanders zum Leben erweckt
werden.
Text und Bild © Marlies
Blauth