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Mittwoch, 22. Januar 2020

unlike 👎 [Glosse]









👎 unlike oder was KünstlerInnen so erleben


Ende der 1980er Jahre, ich hatte gerade mein künstlerisches Examen gemacht. Durch Vermittlung eines Hochschullehrers bekam ich die wunderbare Möglichkeit, an der Sommerausstellung einer Galerie teilzunehmen.
Es war weder meine erste Ausstellung noch meine erste Galerie, aber diese hier machte einen deutlich professionelleren Eindruck als all die kleinen Stuben, in denen ich zuvor meine Bilder gezeigt hatte. Und es tauchten sogar überregionale Künstlernamen auf (ja: eher keine Künstlerinnen, ähäm), gestandene Leute, und ich als Küken durfte mithalten. Was für eine Freude.

Warum ich bei der Eröffnung nicht dabei war … ich weiß es nicht mehr, vielleicht gab es auch gar keine. Jedenfalls bekam ich die Ausstellung aus irgendwelchen Gründen lange nicht zu Gesicht. Fuhr aber dann am letzten Tag hin, um sie mir anzusehen und um meine Arbeiten abzuholen.

Nun stand ich also im Galerieraum und ließ meine Blicke schweifen. Mit jeder Bewegung meines Kopfes sank mein Stolz, mich mit halbwegs illustren Namen verbunden zu wissen – denn ich sah meine Bilder nicht. Gab es vielleicht noch ein Hinterzimmer für Unbedeutende?

Nicht einmal das! Es stellte sich heraus, dass der Galerist zwei meiner drei Bilderrahmen demoliert hatte (auf welche Weise auch immer). Nun schimpfte er mit mir, dass ich ihm viel zu billige und schlechte Rahmen untergejubelt hätte, in diesem Zustand konnte man sie ja nun wirklich nicht präsentieren, na und das dritte – unbeschädigte – Bild hätte so einsam und allein dann auch nicht gut ausgesehen. Und so mussten meine Arbeiten während der Ausstellungszeit eben im Keller (!) herumstehen.
Schlechte Rahmen, grummelgrummel, selber schuld. Dabei war es eine gar nicht billige Maßanfertigung gewesen … nur: Ich konnte dem Kerl leider nicht beweisen, dass ihm ein Fauxpas passiert war, der nicht an der Qualität meiner Bilderrahmen lag.
Was mich allerdings fassungslos machte: Auch damals gab es schon Telefone. Und der Typ war eindeutig dem Kindesalter entwachsen, hätte also mit seiner Hiobsbotschaft nicht warten müssen, bis es definitiv nicht mehr ging.
Verärgert und traurig packte ich meine Sachen ein – und der Galerist flötete mir ein „Schön‘ Sonntag noch“ hinterher. Was für ein Abschied! Was für eine missglückte Mission!

Heute, gut dreißig Jahre später, lebte diese doofe Geschichte wieder auf. Schon damals war mir klar, dass es keinesfalls an Unerfahrenheit meinerseits lag (aber wer will schon juristisches Gedöns wegen 2 x 80 €/ DM oder so?). Und auch drei Jahrzehnte mehr Erfahrung nützen da nix.

Mittlerweile präsentiere ich meine Miniaturen, die man auch als Postkarten verschicken kann, in verschiedenen Läden. Als Kommissionsware; was bedeutet: Keine Seite geht ein Risiko ein. Die Sachen gehören mir, nur wenn sie verkauft werden, wird der Erlös nach einem vorher festgelegten Schlüssel aufgeteilt. Oft ist das ein Drittel zu zwei Drittel (<- für mich), aber, wie gesagt, das ist Verhandlungssache.

Wenn gut verkauft wird, bekomme ich im Allgemeinen eine Information und schicke Nachschub. Wäre ja auch blöd, wenn nicht. Wenn schlecht oder eben nicht-mehr-gut verkauft wird (manchmal ist die Zeit vorbei und alles „abgegrast“), dann bekomme ich ebenfalls eine Nachricht und hole meinen Kram wieder ab.

Von einem dieser Läden hörte ich lange nichts und fragte nach, weil ich wusste, ich würde bald in der Nähe sein. Könnte ja vielleicht auch eine neue Serie bringen … wie auch immer. Dazu muss ich noch erläutern: Zu jeder, wirklich jeder Lieferung gibt es einen korrekten Lieferschein mit allem drauf, was drauf muss, also auch mit meinen diversen Kontaktdaten.

Unerwartete Reaktion:
„Ich meine, wir hätten alles zurückgegeben. Wir schauen mal nach, ob noch etwas am Lager ist.“

Natürlich konnte ich zitieren, was auf meinem Lieferschein-Doppel stand: soundsoviel Stück, geliefert am soundsovielten.
„Am Lager“ bereitete mir allerdings Kopfzerbrechen. Konnte es sein, dass man schöne Dinge, die gar nicht viel Platz im Laden brauchen, einfach in den Keller verbannt, statt sie zum Verkauf anzubieten?

Ich machte darauf aufmerksam, dass die „Minis“ bisher ja ganz gut verkauft wurden. Antwort:

„Ja, das stimmt, aber seit wir umgezogen sind, machen wir nichts mehr auf Kommission und deshalb haben wir sie gar nicht mehr rausgelegt.“

Ich: „Hm. Vielleicht besser mal Bescheid sagen, statt die Sachen irgendwo herumdümpeln zu lassen?“

Und nun sprach das schlechte Gewissen als freches Teufelchen!

„Sie hätten sich ja auch mal melden können, Sie möchten ja was verkaufen!“

Wobei ich nicht zurückhalten will, dass der Ladeninhaber fast 50% des Verkaufspreises haben wollte und bis „zum Umzug“ auch erhalten hat.

Das war beinahe so logisch wie ein drittes Scheiß-Erlebnis, ich gehe wieder einige Jahre zurück: Da hatten wir in einem Laden gerade Kommissionsware abgerechnet. Der Inhaber hatte sich um etwa 500 € vertan, zu meinen Gunsten. Ich machte ihn selbstverständlich darauf aufmerksam – woraufhin er einen Wutanfall bekam und mich so runtermachte, dass ich vor Heulen und Zittern nicht mehr wusste, ob es nicht doch ein Alptraum ist, in dem ich mich gerade befand.



Marlies Blauth





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