Donnerstag, 26. September 2024

[Glosse] Grüße aus der Provinz

 





Grüße aus der Provinz

 

Das muss eine Glosse werden … auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie. Denn der Sachverhalt ist etwas spärlich. Aber genau darum geht’s: Alles etwas dünne.

Gestern bekam ich Post: Man – das heißt: „meine“ Stadt, in der ich wohne und arbeite – gratulierte mir „zum 2. Platz mit Ihrem [= meinem] Werk“. Ja, ich hatte an einem Kunstwettbewerb teilgenommen. Zum zweiten Mal: Beim ersten landete ich, mit einer anderen Arbeit natürlich, auf Platz 3. Damals gab ich ein Sümmchen Geld aus, für ein Ensemble aus 15 Leinwänden und die Druckvorlage – was aber niemanden interessierte, auch nicht, als ich es auf eine Platzierung schaffte. Der „Lohn“ für uns Auserwählte sah vielmehr so aus, dass ein paar (wenige) Poster mit dem Werk an ausgesuchten Bushaltestellen-Häuschen installiert wurden. Wohl als Werbung … oder so. Leider erfuhr man als KünstlerIn nicht einmal, wo genau – man musste folglich die Wartehäuschen selbst abklappern. Um dann nicht schlecht zu staunen, dass – in meinem Fall jedenfalls – der Entwurf nur zum Teil übernommen worden war, man hatte einfach die Ränder abgeschnitten (deren Farbe wir gut austariert hatten …) und, damit die Proportionen wieder stimmen, auch noch einen Teil meiner Zeichnungen auf die Hälfte gekappt. Oh je.

Da es auch noch andere Dinge gibt, die wir KünstlerInnen nicht so toll finden, boten wir „der Stadt“ an, uns bei solchen Projekten zukünftig um Rat zu fragen. Wäre natürlich mal wieder für umme – aber Professionalität würde ja nix schaden. Wir sprachen natürlich auch ehrlich aus, was bei diesem Wettbewerb nach unserem Dafürhalten (heißt: eigentlich für jeden erkennbar) schiefgegangen ist.

Der nächste Wettbewerb war da schon in der Pipeline: Ein schwieriges Thema und viel zu wenig Vorbereitungszeit. Soweit ich weiß, quittierten das die hiesigen Künstlerinnen und Künstler mit Nicht-Teilnahme.

Kann sein, dass ein weiterer Wettbewerb folgte. Bei einem weiteren Gespräch betonte ich nochmals, dass diese Statuten – vor allem die Präsentation an Bushaltestellen – einfach nicht zu professioneller Kunst passen. Dass zumindest die Materialkosten erstattet werden sollten usw.

Nun also bekam ich eine erneute Wettbewerbs-Einladung. Diesmal ohne Thema … Och, dachte ich, versuch ichs doch nochmal, denn diesmal würden wenigstens zusätzliche (Material-)Kosten wegfallen: Es gab ein Bild, das schon viel Resonanz bekommen hatte, ja, fast angekauft worden wäre, wenn der Interessent nicht ein größeres Format hätte haben wollen – und ein hochauflösendes Foto dieses Bildes hatte ich auch.

Und ich war, neugierig und optimistisch zugleich, davon überzeugt, dass „man“ unsere Kritik wenigstens zu einem kleinen Teil angehört und beherzigt hat, dass zumindest einige Details nun anders laufen würden. Zum Beispiel könnte man unsere Originalbilder ja in einem wetterfesten Raum präsentieren, was eine gewisse Wertschätzung ausdrücken würde.

Aufgrund einiger Personalwechsel in der Zwischenzeit hätte das durchaus sein können … aber: mitnichten.


Im gestrigen Brief – der sich schon auf dem Weg ins Altpapier befindet, ich musste nur noch schnell einer Freundin daraus zitieren – wird mir, siehe oben, nett gratuliert. Dann berichtet man mir noch, wer den 1. Platz errungen hat; Platz 3 scheint es mangels Masse gar nicht zu geben. So weit, so gut.

Stellt sich allerdings die Frage, was ich nun von meinem Platz-zwei eigentlich genau habe! Ob „ich“ jetzt im einen oder anderen Wartehäuschen hängen darf … nicht einmal das wird mir verraten! Spannend, oder?

 

Zum Thema Bushaltestellen ist noch zu ergänzen, dass ich überhaupt zu den wenigen Doofen gehöre, die die Öffis benutzen: Hier auf dem Land fährt man Auto, die Wohlhabenden unter uns gönnen sich sogar eine Auswahl von zwei oder drei Automobilen und stellen sich ganz sicher nicht irgendwohin, um Bus zu fahren und zuvor noch Kunst zu goutieren. Die rauschen einfach dran vorbei und schauen sich Kunst woanders an.

Schülerinnen und Schüler fahren mit dem Bus – aber vermutlich wäre denen angesagte Werbung lieber als angestaubte Kunst.

 

Währenddessen hängen 22 meiner Arbeiten aktuell in einem Museum. Was für eine andere Welt … Manchmal sage ich hier (nur halb-)scherzhaft: Das Gute an unserem Ort ist, dass man schnell wegkommt.

Zumindest dann, wenn man Kunst macht: Die hängt hier tot überm Zaun und muss woanders zum Leben erweckt werden.

 

 

 

 

 

Text und Bild © Marlies Blauth

 

 

 









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