Ruhrgebiet. Mischtechnik auf Papier/ Holz, 20 cm x 20 cm
Endlich! Nach einer sehr ruhigen Zeit, die
aufgrund verschiedener trauriger Ereignisse ziemlich uninspiriert war, kommen
mir wieder neue Ideen. Hier habe ich mit der Radiernadel gezeichnet. Das gibt
es zwar sicher schon, ist aber andererseits „nicht so“ verbreitet.
Ferner habe ich begonnen, von Fotos/
Fotopapier zu drucken, was aber weniger für meine eigene künstlerische Arbeit
wichtig ist, sondern vor allem in meiner Kunst-AG „Kunst in der Grundschule“
(freundlicherweise gesponsert von der Bürgerstiftung Wir für Meerbusch) zum Einsatz
kommt.
Ja, und damit habe ich im Grunde schon
einen Fuß in die Tür zum Jahresrückblick
2013 gestellt. Momentan etwas früh, denn gut zwei Wochen hat das alte Jahr
noch, um sich weiterhin so oder so zu entfalten – oder eben in Seelenruhe
seinem Ende entgegen zu laufen, um den Staffelstab dann dem 2014er Jahrgang in
die Hand zu drücken.
Leider starb im Januar 2013 eine ganz liebe
Freundin von mir, Susanne, die ich 35 Jahre kannte, mit der ich
beinahe-buchstäblich durch Dick und Dünn gewandert war. Eine sehr traurige Geschichte, wenn man
mit 51 Jahren die Welt verlassen muss, auf der man so gerne noch geblieben
wäre. Wir Zurückgebliebenen mussten uns damit trösten, dass sie sehr intensiv
und aktiv gelebt hat, dass sie immer und immer etwas bewegen wollte; ich hatte
sie – als sie 16 war – bereits als reifen, kritischen, tatkräftigen Menschen kennen
gelernt. Vielleicht ist unser Zeitgefühl einfach falsch? Oder auch unsere
Zeitrechnung? Kommt es vielleicht eher darauf an, mit wie viel Sinn man sein
Leben gefüllt hat? Wie viel man bewegt hat, wie viele Menschen man an die Hand
nahm, ihnen eine inspirierende Perspektive gab?
Susanne hat vor vielen Jahren, als ich
meine ersten Gedichte schrieb, gemeint: „Ist Mist. Aber mach weiter!“ Kurz nach
ihrem Tod erhielt ich die Nachricht, dass ich für den Dorstener Lyrikpreis nominiert war. Das hat mich sehr gefreut, und
Susanne hätte es auch super gefunden. Danke, dass Du mich, wie so oft,
motiviert hast.
Auf zwei ausgesprochen unschöne Jahre, zu
denen ich den Januar ’13 irgendwie auch noch zähle, folgte eine wohltuende „aktive“
Ruhe, für die ich sehr, sehr dankbar bin. Erste Ideen begannen wieder zu
sprießen, neue Perspektiven taten sich auf: Es kamen wieder mehr berufliche
Anfragen, zwei (Honorar-)Tätigkeits-Angebote, Bilderkäufer, der Abdruck einiger Menschenbilder in einer theologischen
Zeitschrift und natürlich einige wunderbare Ausstellungen. Gern denke ich an
die Ausstellung in der Immanuelskirche Wuppertal, im Kunstverein Fulda oder im
Karl Ernst-Osthaus-Museum Hagen (dort war ich mit einem 16-teiligen Ensemble eingebunden).
Die Doppelausstellung in der Evangelischen Kirche Osterath und der Galerie Mönter (ebenfalls Osterath) mit einigen Kolleginnen vom Verein Düsseldorfer
Künstlerinnen war organisatorisch eine Aufgabe, ich glaube allerdings,
bis auf ein paar kleine Details ist mir das Ganze recht gut gelungen.
Einige schöne Foto-Touren mit Andreas
ergaben sich noch einmal, ich denke aber, unser 2-Generationen-Team löst sich
so langsam auf: Andreas geht seine eigenen Wege. An die Entdeckungsreisen mit
der Kamera zu (und: in) wunderbaren historischen Gebäuden denke ich dankbar
zurück: Es waren schöne, gemeinsame Zeiten, durchaus auch produktiv, die mich
von so manchem Schmerz und Leid abgelenkt haben.
Nach der Auszeichnung für meine Lyrik
schien eine Art Schalter umgelegt zu sein: Fortan wurden meine Texte fast nur
noch abgelehnt, das Anfängerglück wurde offenbar von der deutlichen Aufforderung
überwachsen, das Schreiben nun ernsthaft(er) anzugehen. Willkommene
Trainingseinheiten waren die Lyrik-Monate („frapalymo“) von Sophie Paulchen:
Sowohl im Mai als auch im November hieß es, täglich ein themengebundenes
Gedicht zu schreiben. Das ist durchaus eine Herausforderung, auch zeitlich:
Manchmal habe ich an die vier Stunden an einem Text geschrieben und gefeilt,
was meinem Tagesprogramm nicht immer gut tat. Aber es war allemal eine sinn-
und anspruchsvolle Übung auf meinem Weg.
Die Teilnahme an diesem Projekt war
übrigens online generiert. Ich finde es fantastisch, welche Mitmach-Anregungen
das „böse“ Netz bieten kann (wenn man nur weiß, wo man suchen muss). So ist
auch meine Mitarbeit am Blog Der schwache Glaube – der christliche Glaube zwischen Moderne und Religion zustande
gekommen. Mein Sein in der Kirche, seit ich denken kann eine Mixtur aus
ziemlich kritischer Haltung (also großer Ungeduld) und tiefer Spiritualität
(mit entsprechender Geduld), bekam noch einmal neue Facetten zum Nachdenken und
-leben: zum Beispiel den Ansatz, eine alte, trotz vieler Fauxpas-Geschichten
doch bewährte Kultur mit Leben zu füllen, anstatt sie als bloße Hülle mit durchs
Leben zu schleppen, „weil es schon immer so war“. Ich sehe einen wesentlichen Teil von Tradition, den man achten sollte – die alten Kirchen mag man gerade
deshalb als „ehrfürchtig“ empfinden, weil sie über so viele Jahrhunderte das Leid,
die Hoffnung, die Freude über einen Neubeginn der Menschen aufgenommen haben. Aber das ist eben nur der eine Teil; mit Leben füllen heißt auch –
und das lerne ich gerade –, die Inhalte neu zu ordnen und zu akzentuieren, je
nachdem, was der Zustand der Gesellschaft gerade fordert. Die Trägheit, die in „der“
Kirche dem gegenüber oftmals noch herrscht, muss sich nicht wundern, wenn die gesellschaftlich-spirituellen
Bedürfnisse der Menschen inzwischen ganz woanders angesiedelt sind. Anstatt zu
jammern oder gar mit dem Finger darauf zu zeigen, dass Menschen sich der
Esoterik zuwenden oder, auf der anderen Seite, einem zeitweise sogar missionseifrigen
Atheismus, hätte man längst diagnostizieren müssen, wo die Krankheiten der
Gesellschaft eigentlich liegen und ob sie vielleicht doch zu lindern sind. Ich
arbeite jedenfalls daran, die Bibel als Literatur zu lesen, mit ganz vielen
Bildern, deren Aussage uns alle irgendwie betrifft und deren Kern zwar bleibt –
das mag der Begriff Wahrheit bedeuten –, deren Detailinterpretation sich aber
mit den Zeiten wandelt insofern, als sich die Frage gar nicht stellt, ob die
Geschichten sich „so“ zugetragen haben. Vielmehr sind sie genau so zusammengetragen
worden, um uns in ihrer Essenz einen Spiegel vorzuhalten, wie wir als Menschen
sind und sein können, sein könnten. Welches Potenzial wir haben, die negativen
Kräfte inbegriffen, und wie wir in unserem Leben damit zurechtkommen können, wie
wir uns selbst verwirklichen: als Individuen in einer Gemeinschaft – deren Teil wir, zum Glück oder notgedrungen, je nachdem, eben sind.
Das Jahr ist noch nicht zu Ende. Aber ich
kann jetzt schon sagen: Es waren Monate drin, auf die ich voller Dankbarkeit
blicke.
Marlies Blauth
Marlies Blauth
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