Als ich vor vielen, vielen Jahren einmal bei einem Wahrsager war (eine
interessante Begegnung übrigens!), sagte der zu mir, ohne dass ich danach
gefragt hätte: „Am besten spielen Sie kein Lotto – dabei haben Sie nämlich kein
Glück.“ Jahre zuvor hatte ich tatsächlich mal einen Lottoschein ausgefüllt und
es geschafft, keine einzige Zahl zu treffen. Ich nickte also lebhaft bei des
weisen Mannes Rat.
Nicht bedacht hatte ich allerdings, dass ich als Künstlerin immer wieder
mal Lotto zu spielen habe. Und seit ich Gedichte veröffentliche, ist das
Lottospielenmüssen sogar noch um eine Ausschreibungskategorie reicher. Zwar
könnte man prinzipiell darauf verzichten, ja. Andererseits ist es nicht falsch,
hin und wieder seinen Radius zu vergrößern: neue Kontakte, neue Anregungen,
neue Räumlichkeiten – überhaupt: neue Zusammenhänge und Zusammenklänge. Das
kann wichtig sein.
Anders als beim konventionellen Lotto hat man natürlich einen gewissen
Einfluss darauf, wieviele Treffer man ungefähr landet: Passt die Themenstellung
nicht, siehe oben. Manchmal macht es Spaß, sich dann trotzdem zu bewerben,
zumal es viele Themen gibt, die man dann-irgendwie-doch am Rande antitscht. Wenn schließlich die Absage kommt, kommt sie wie ein Freund, der einem auf
die Schulter klopft und sagt: „Wusstest du doch, dass das nicht dein Ding ist.“
Es gibt aber auch Themen, die klingen schon von sich aus wie ein Sechser
im Lotto. Wer mich kennt, weiß, dass diese Werden-und-Vergehen-Themen
gut passen, Natur und so. Hach ja, und wenn das dann auch noch in meiner
Lieblingsstadt (ich meine nicht: meine Heimatstadt, die liebe ich auf andere
Weise) stattfinden soll, kommt gleich eine Freu-Freu-Stimmung auf. Zumal die Hürde
einer Vorauswahl erfolgreich übersprungen ist. Termin wird also prophylaktisch
freigeschaufelt, es wird sichergestellt, dass die Bilder dann nicht
irgendwoanders sind, überlegt, wie man sie nach X. geschafft kriegt und so
weiter. Aber leider muss das Ei erst bebrütet werden, und was dabei rauskommt,
ist trotz errechnetem Termin höchst ungewiss: Ein Windei, diesmal. Und so liegt
das Werden und Vergehen näher, als man meint, und das Lottospiel kriegt auch
was ab vom Werdenvergehen (zumindest der Hoffnung). Wer Lotto spielt, weiß das.
Nun sind plötzlich nicht nur Bilder, sondern auch Termine frei geworden. Ich glaube, wir
machen eine dreitägige Fototour. Und wenn ich dann mit dem Zug an meiner
Lieblingsstadt vorbei fahre, winke ich ihr freundlich. Sie kann ja nichts
dafür, dass ihr Kunstverein mir nun schon das zweite Mal Ausstellungsbeteiligungsbewerbungsdurchfall
beschert hat.
Abbildungen (v. o.):
Gräserzeichnungen, 2013
Kohlestaubzeichnungen, 2013/14
Landschaftsensemble (Malerei/ Gesteinsmehl), 2013
Kohlestaubzeichnungen, 2013/14
Landschaftsensemble (Malerei/ Gesteinsmehl), 2013
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