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Als ich
mich für die Ausstellung Refugium in
der Bunkerkirche St. Sakrament, Düsseldorf-Heerdt, vorbereitete, fiel mir
sofort das Sprichwort ein: Not lehrt
beten. Irgendwann muss es meine Mutter einmal zitiert haben, ganz sicher
mit dem Zusatz, dass man, also ich, hin und wieder auch Dankesworte in eine
Gebetsform bringen sollte. So ambivalent das Verhältnis meiner Mutter zu Kirche
und Glaube war, so tief sind auch die religiösen Spuren, die sie bei mir
hinterlassen hat.
In
dieser Erinnerung, die auch kombiniert ist mit den Berichten meiner Eltern über
den Zweiten Weltkrieg, wollte ich in dieser Ausstellung sichtbar machen, dass
das Gebet auch Zuflucht sein kann. Mag es auch noch so persönlich formuliert
sein, mag man sich kirchlich noch so wenig gebunden fühlen: Der Ausdruck von
Hoffnung, hier Geborgenheit zu finden, unversehrt zu bleiben, oder die Bitte,
dass draußen, vor den Mauern des Bunkers, kein Inferno stattfinden möge, sind ja
zweifellos Gebete.
Die
Psalmen, diese uralten Gebete, sind uns fremd und vertraut zugleich. Mancher
kennt sie (noch), erinnert sich vielleicht. So kann man auf meinen Tafeln oft
nur Fragmente lesen, ähnlich wie man solche Bruchstücke aus der Erinnerung „hervorholt“.
Sicher spielt da auch wieder meine religiöse Erziehung eine Rolle. Auf meine
Frage, warum ich Liedtexte, Bibelstellen etc. auswendig lernen soll, antwortete
meine Mutter: Dann hast du es in der Not parat. Das war für mich als
Konfirmandin eine völlig verquere Welt, mich überzeugte das
überhaupt nicht.
Andererseits
habe ich in der Zwischenzeit hin und wieder erlebt, an was für seidenen Fäden
das menschliche Leben hängen kann und auf welche Weise ein Mensch
seiner Verzweiflung Ausdruck gibt. Vieles von dem, was in den Psalmen zu lesen
ist, betrifft uns noch ganz genauso wie unsere Vor-Vorfahren.
Ich habe
die Psalmen nicht ihrem jeweiligen Inhalt entsprechend gestaltet, sondern habe
sie schlicht mit der Hand abgeschrieben: mit Bleistift, Kugelschreiber, Tusche;
ich habe sie in Papier geritzt, mit dem Pinsel aufgetragen, in nasse Farbe gefurcht,
also bewusst einfachste Materialien benutzt, die vielleicht auch „in der Not“
verfügbar sind. Ästhetisch habe ich ein „Sowohl-als-Auch“ gewählt: Einerseits
wirkt die Materialität fast wie Stein, andererseits sind die Einwirkungen der
Zeit deutlich, Beschädigungen, Vergilbungen deuten uralte Buchseiten an, auf
die man vielleicht nach langer Zeit wieder einmal schaut. Ich habe versucht,
das Gegen- und Miteinander von Beständigkeit und Veränderung ästhetisch zu
verdeutlichen.
Last
noch least: Das Schreiben als Prozess war durchaus „meditativ“, gerade in einer
Zeit, in der das Handschriftliche immer weiter an Bedeutung verliert (ich fand
kürzlich eine Meldung, dass man irgendwo in den USA zumindest überlegt, ob man den Kindern
überhaupt noch beibringen soll, mit der Hand zu schreiben).
Marlies
Blauth
1 Kommentar:
Ergänzend zu meinen Ausführungen auf Facebook, hier noch ein interessanter Link zur Wertschätzung durch Handschrift: http://www.notizbuchblog.de/2014/03/25/wertschaetzung-und-menschliche-naehe-durch-handschrift/
Liebe Grüße, Doreen
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