meine kinder sprechen von gott
hinter dem traumgenerator
musst du schlafen du
vertriebener
aus dem leben gesickert
die zweiliter wein
dein brotlaib
verwundet auf dem asphalt
wolltest reden
schreiben in staub
in den staub unserer
ahnen kreuz
und quer schiebt sich deine schrift
durch schubladen
die wir tragen ausladen wollen
vertriebener
aus dem leben gesickert
die zweiliter wein
dein brotlaib
verwundet auf dem asphalt
wolltest reden
schreiben in staub
in den staub unserer
ahnen kreuz
und quer schiebt sich deine schrift
durch schubladen
die wir tragen ausladen wollen
abladen abweisen
für einen euro
verkaufen wir atemlos
alles
M. B. 2014
Foto und Text: © Marlies Blauth
7 Kommentare:
Wie ich solche Gedichte mag.
... und auch "Schattenreich".
Herzliche Grüße,
Michael
Danke!
Liebe Marlies,
da du auf Twitter so hartnäckig um Kommentare bittest, will ich's mal versuchen. Es wird aber unsortiert, denn ich tue mich recht schwer mit dem Gedicht (was schon Teil meines Kommentars ist :-)), auch wenn mich das Thema, wie du ja weiß, nicht unberührt lässt. Vielleicht assoziiere ich am besten frei vor mich hin:
"meine kinder sprechen von gott" - Der Titel spricht mich direkt an, macht mich neugierig. "meine Kinder" - Wessen Kinder? Die der Autorin? Die des lyrischen Ich? Wer ist dieses Ich? Eine Mutter? Ein Vater? Gott? Eine Stadt? Ein Land?
Der auf den Titel folgende Text beantwortet mir diese Frage nicht. Im Gegenteil: Ich wundere mich: Das soll ein Gespräch über Gott sein? Ein Gespräch? Über Gott?
Klar, da sind die Requisiten: Wein, Brot, Kreuz. Klar, es geht um den Gekreuzigten. In welchem Konsenz aber und was ist die Frage, das Problem?
Ich habe das Bild eines Obdachlosen vor Augen, "aus dem Leben gesickert", auch hier wieder der Wein, die typische Zweiliterbilligrotweinflasche, der Asphalt, der Staub.
Oder ein Immigrant? Natürlich, ein Flüchtling! Da steht es ja auch: "refugee".
Und die Schubladen könnten Amtsschubladen sein. Die hin-und hergeschobene Verantwortlichkeit und Zuständigkeit für den Fall. Der Untergang im Behördendschungel.
Und der Euro, mit dem wir uns freikaufen, mit dem wir die Verantwortung von uns weisen, indem wir ihn in der Kollekte klingeln lassen oder in die Sammelbüchse an der Haustür oder in der Fußgängerzone werfen.
"meine Kinder", das könnte die des Flüchtlings sein wie auch die der Autorin oder des lyrischen Ichs. Die Kinder, die noch nach der Kongruenz von Wort und Handeln fragen. Die nicht fragen, Wo ist Gott? in all dem Elend, sondern Wo sind wir, die wir Gottes Wort predigen.
Hm ...
Soweit mal inhaltlich. Ich könnte da noch weitermachen, merke auch schon, dass mir einiges im Schreiben = laut Denken langsam klarer wird, fände aber einen mehstimmigen Austausch ergiebiger.
...
Ein paar formale Punkte fallen mir noch auf:
- "abladen von uns weisen" meint ja sicher abladen und von uns weisen, ich las aber zuerst abladen von uns Weisen, das führt mich in die Irre.
- "für’n euro
verkaufen wir
atemlos alles" Da bleibe ich an dem atemlos hängen, weil es so, wie es hier platziert ist, als Adjetiv zu alles gehört. Es soll aber doch sicher zum wir gehören, wir sind atemlos. Oder? Ich finde, das müsste anders zusammengestellt sein.
...
Puh :-) Soweit erstmal. Ich hoffe, das ist dir eine kleine Hilfe.
Lieben Gruß,
Iris
Danke, Iris, meine Hartnäckigkeit meinte NICHT (unbedingt) so einen langen, aufwändigen Kommentar, wenngleich ich mich natürlich darüber freue - ich habe etwas experimentiert und will einfach mal sehen, wie das Ergebnis "ankommt", ob es überhaupt zu verstehen ist. Vermutlich werde ich am Umbruch und am "von uns weisen" noch etwas basteln, das war ein sehr brauchbarer Tipp. Also nochmals DANKE!
Genau darin (aufwendiger Kommentar) lag für mich aber das Problem: Meistens sprechen Gedichte mich spontan an, rufen eine spontane Reaktion hervor. Oder eben nicht. Häufig kommunizieren sie auf einer Ebene mit mir, die schwer ins rein Kognitive oder auch ins rein Emotionale übertragbar und in Worte zu fassen ist. Trotzdem erschließen sie sich mir "irgendwie" und unmittelbar. Und ich weiß darum, ohne es erklären zu können/müssen. Manchmal, wie in diesem Fall, locken sie meine Aufmerksamkeit, verschließen sich aber der spontanen Erfassung. Ich hätte da auch nicht spontan und knapp reagieren können, oder höchstens mit "kapier ich nicht, müsste ich mich intensiver mit auseinandersetzen, ist mir aber grade zu anstrengend".
Nun habe ich mich aber doch drauf eingelassen, mit Gewinn sogar! :-) Nur ging das nicht kürzer.
Und es gibt ja auch die Texte, die sich nicht gleich erschließen, mit denen man sich ausführlicher befassen muss. Für mich ist dieses Gedicht so ein Text.
Gut! - Mit dem Hinweis auf die Aufwändigkeit wollte ich übrigens nur sagen, dass ich diesen Umfang niemandem einfach-so zumute. Wie gesagt: Freut mich umso mehr!!
Inzwischen habe ich ein paar Kleinigkeiten geändert. Dank an alle, die mir hier oder woanders Tipps gaben!
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