KünstlerIn sein. Was für ein Aufwand.
Hach! Ich wollte immer schon mal was zu Ausstellungsbeteiligungen,
Jurierungen und Gedöns schreiben. Nun ergibt es sich gerade.
Als mir gestern jemand diesen Zeitungsartikel (leider schon nicht mehr verfügbar) über eine aktuelle Ausstellung, an der ich beteiligt bin, schickte, las ich ihn natürlich mit Spannung,
zumal ich an der Vernissage nicht teilnehmen konnte. Und eitel ist man ja
immer, hofft ein Sekündchen lang, vielleicht an einer klitzekleinen Stelle kurz
gewürdigt zu werden. Diese Wunschvorstellung ist aber natürlich Blödsinn, wenn man
genau ein Zweiundfünfzigstel zur Ausstellung beiträgt, und das auch noch in Gestalt
einer eher kleinen, grautonigen Arbeit.
Es ist klar, dass eine Ausstellungsbesprechung
nicht jede und jeden ins Boot holen kann, sonst würde der Artikel ja zu einem
tabellenähnlichen Monster.
Die überaus kritische Distanz zu uns
„Auswärtigen“ (Teilnehmenden) ist allerdings auch alles andere als fair. Mein
Fazit: Man sollte es sich vielleicht doch gut überlegen, seine Kunst in die
Provinz zu expedieren.
Wobei ich natürlich selbst in der Provinz
wohne und arbeite. Aber hierhin werfen wenigstens einige Großstädte ihre
Schatten, so dass ich schnell mal tschüs sagen kann, um mich in größerer und
freierer Umgebung auszutoben.
Ohne
diese Aussichten würde ich vermutlich verzweifeln.
Denn
ich kenne sehr gut, was in jenem Artikel anklingt: Den Versuch, die ländliche
Übersichtlichkeit ein wenig auszuschmücken, indem man überregionale
KünstlerInnen anspricht und einlädt, obwohl man ähnliche Qualität umstandslos
frei Haus bekäme. Die Einheimischen fühlen sich, nicht zu Unrecht, oft übergangen.
Ich
habe die rezensierte Ausstellung noch nicht gesehen, bin allerdings schon
darauf angesprochen worden. Mein Bild sei, so hieß es, ziemlich ungünstig platziert,
an ’nem Treppenaufgang oder so. Und überhaupt sei alles eng, auch für die
anderen. So kann ich mir gut vorstellen, dass diese Ausstellung auf den
kritischen (und noch dazu schreibenden) Betrachter nicht optimal wirkt.
Aber
wir, wir „Auswärtigen“, können bitte nichts dafür. Es ist ja auch (meist) nicht
üblich, bei der Hängung mitzureden. Das würde in Diskussionen ausarten, die nur
Zeit rauben und niemandem weiterhelfen. Der „Hausherr“ kennt seine Räume
ohnehin besser als die Gäste.
In
allerlei Hinblicken müssen wir uns fügen: So hatte ich beispielsweise eine Serie
eingereicht, von der nur eine Arbeit angenommen wurde. Wie gut meine
Kohlenstaub-Serie „rüberkommt“, habe ich diesen Sommer in einer
Museumsausstellung gesehen, wie doof ein Einzelbild aussieht, wenn es irgendwohin
gequetscht wird, weiß ich auch. So wird schnell deutlich, dass wir auch „nur
mit Wasser kochen“, wie uns im Artikel vorgeworfen wird. Tja, isso. Aber auch
ich würde mir natürlich wünschen, dass eine Ausstellung so konzipiert ist, dass
sich die einzelnen Arbeiten gegenseitig verstärken, anstatt zu konkurrieren
oder einander zu stören.
Hat
also offenbar nicht so ganz geklappt. Traurig für die BetrachterInnen – aber traurig
auch für uns. Was sich nämlich viele gar nicht klar machen: Es gehört viel
Aufwand dazu, sich an Ausstellungen zu beteiligen.
So
sehr ich Jurierungen begrüße (die Rechnung im Artikel, dass gerade mal je 22
sec für jedes Bild blieben, um über dessen Wohl und Wehe zu entscheiden, fand
ich übrigens sehr interessant), so sehr ich also begrüße, dass nicht jede/r mit
„irgendwas“ dabei ist, so aufwändig ist es, die Jury-Vorgaben zu beachten und
zu erfüllen. Es kostet alles … Zeit und Geld.
Am
Anfang steht: Fotos machen, klar. Die hat man nicht immer vorrätig, denn in
vielen, fast allen Ausschreibungen dürfen die eingereichten Arbeiten nicht
älter sein als zwei Jahre – warum das so ist, hat sich mir noch nicht
erschlossen, zumal für eine Anmutung „von gestern“ die Jury doch ihr Nein
vorrätig hätte?
Also:
Von der allerfrischesten Ware hat man vielleicht noch gar keine Fotos. Richtige
Belichtung, Beleuchtung, Ränder abschneiden, vorgeschriebene dpi-Zahl … alles nicht
so schlimm, aber es kommt ja noch einiges mehr. Ausdrucken oder ausdrucken lassen.
Gut, ich kauf dann eben noch Shampoos oder Tempos im D-Markt oder Rossmarkt,
wenn ich ein Fotolabor involviere. Aber Zeit frisst es auch.
Dann
sollen die Arbeiten in Form eines Kurztexts beschrieben werden. Umfang soll mindestens soundsoviel, höchstens
eine A4-Seite (oder so) sein. Ebenso die Vita (gut, die hat man im digitalen
Zeitalter parat, aber … aktualisieren, den Umfang angleichen usw.)
Und
bitte nicht den ausreichend frankierten Rückumschlag vergessen, der an sich
schon glossenreif wäre: In vielen Texten steht, dass ohne dieses Ding die
Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Waaas? Liebe Auslober … bitte,
bitte schreibt doch, dass Ihr das Material schreddert, sofern kein Rückumschlag
mitgeschickt wird. Ich würde mir diese 1,45 dann sparen, denn was soll ich mit
dem Kram, den ich nie wieder verwenden kann, allein schon deshalb nicht, weil das
Von-Hand-zu-Hand-Reichen innerhalb der Jury notwendigerweise Spuren hinterlässt,
die ich einer nächsten so niemals zumuten würde?
Wie
schön-praktisch klingt es doch bei literarischen Ausschreibungen! Da heißt es einfach:
Schicken wir nicht zurück. Fertig.
Vielleicht
stehen nun auch schon Termine in der Ausschreibung: Also … auf Verdacht in den
Kalender schreiben. Noch weiß man nicht, ob sie relevant sind. Aber die Einlieferungstermine
sind meist so knapp bemessen, dass man sie freischaufeln und freihalten muss.
Und ebenso muss man die Bilder, deren Fotos man eingereicht hat, auf Verdacht
reservieren, also wegstecken, nicht zeigen, es könnte ja jemand
kaufinteressiert sein. Dieser Zustand kann sich auch schon mal Monate
hinziehen.
Juchhuu,
dann bekommt man also (wenn man schon gar nicht mehr dran gedacht hat) die
Zusage. Also: Terminkalender aktivieren. Und dann zum richtigen Zeitpunkt Arbeit/en
verpacken und losfahren. Dieser Tag ist dann schon mal „kaputt“.
Na
guuut, man sieht mal was Anderes, Orte, die man nicht kennt. Aber … nun ja. War
das trüb in diesem Fall. Ich hatte Hunger, aber es fand sich nichts, nichts zu essen (zu kaufen). Zwischen
Bahnhof und Schloss ist leider einzig eine Apotheke, und abgesehen davon, dass die
nichts Passendes zu essen hat, war sie auch noch über Mittag geschlossen. Aber
mancher meint ja ohnehin, dass wir Kunstschaffenden mit Luft und Liebe
auskommen. Daher gibts ja auch so gut wie nie Ausstellungshonorare. Heißt: Wenn
man keinen Sechser im Lotto hat und das eingereichte Bild nicht verkauft wird,
gilt die alte Weisheit: Außer Spesen nichts gewesen. Von daher muss man
vielleicht sogar froh sein, das ersehnte Brötchen gar nicht „kaufen gekonnt“ zu
haben.
Mir
graust schon vor der unwirtlichen Rückhol-Aktion, ehrlich.
Und
wenn man dann als auswärtige Kunstschaffende gar nicht gewollt ist, wirds halt
noch unwirtlicher. Wir künstlerischen Regionalligisten (also wieder die von
auswärts) spielten erkennbar nicht in der Bundesliga, heißt es im Artikel. Aber...
... genau: Er, der Artikel, hätte der Ausstellung doch wenigstens ihre Öffnungszeiten gönnen bzw.
sie korrekt mitteilen können. Wer sich jetzt montags auf den Weg macht, guckt doof,
denn er hätte mittwochs kommen sollen, was in der Zeitung aber verwechselt
wurde (zumindest in der Fassung, die mir vorliegt). Na denn!
©
Marlies Blauth
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