Montag, 15. April 2013

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Hier die sechs Gedichte, die ich im Kunstverein Fulda vorgelesen habe:




Frühling


Schreib einen Anfang
krokusblau
wenn sich der Frost in Wärme wandelt
wie deine Worte

Vor deinem Fenster
helle Stille
Forsythien
die sich sparrig sonnen

Es duftet weiß
auf dein Papier
wenn du beginnst
mit leichter Hand zu schreiben





Im Sommergarten


An manchen Tagen, da liebt
er nur deren Farben
und redet nicht

sein spleißiger Sonnenhut leuchtet
wie Flachs zwischen Dahlienköpfen
und Honigwolken aus Phlox

er pfeift mit den Amseln
füllt froh die alten Kannen aus Blech
lässt ihre Begleitstimmen
rege scheppern

winkt schreckhaften Bläulingen
bei ihrer Wiederkehr, träumt
in die goldengefleckte Luft

und sammelt Beeren, schwarz dunkelrot
Es sind die letzten, die legt er behutsam
auf Porzellanweiß





Glücklich

Inzwischen
tanze ich mit dem Wellenspiel der Jahre
fange ein, was der Wind mitbringt

ich singe den Tag an
grabe Silben ins Erdreich
bevor die Sonne alles verbrennt

am Nachmittag warte ich auf
die Perlmutterschichten des Regens
für morgen

bis mir das Abendgewölk
Pastell um die Augen malt
und es sich nachtblau ins Meer schiebt





Nachtstück


Der letzte Wunsch
ist ein Mantel
er breitet sich in der Abendkühle
über den Leib

Schlafende sind allein
haben sich Bilder
der frühen Jahre
unter das Kissen gelegt

wie die Mutter
im Nebenraum Reste zusammen nähte
wollene Stoffe nachtblau
mit Sternen im Glühbirnenlicht

zu einem Hirtenmantel
für meine Schultern




heimat

ja
vielleicht bleibe ich
und lerne deine sprache

denn du
überredest nicht
redest nicht über mich
hinweg

dein wort verspricht
sich nicht

es nimmt mich mit
dein wort

an einen ort
dem meine seele
einen namen geben wird







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