Freitag, 9. Mai 2014

Gedicht [Ave Maria]






Mutter und Kind, Collage/ Malerei, 2010. 
40 cm x 40 cm





Ave Maria


Dein Name
ist mir eingebrannt
von meinen Müttern

die aus dem blauen Stoff deines Mantels
wollene Socken für Pfarrfrauen strickten
und endlosen Mahnreden zuhörten
während sie sich heimlich
deine Worte wünschten
wenn ihnen das Herz brach.

Sie hätten auch ihre wächsernen
Brüste geopfert
damit das Kind nicht verhungert.
Auf ihren blutigen Höllenfahrten
wollten sie schreien:
Bitte für uns –
das ist das Ende.

Sie woben und woben
an grauen Gewändern
und ließen den Sternenschmuck liegen.

Den Mond spürten sie
nur noch mit Schmerzen
die Sonne verbrannte ihre Haut.

Endlich waren sie frei
und durften dich sehen.
Aber sie wollten keine Göttin mehr.

Dein Name ist mir eingebrannt
von meinen Müttern.



Bild und Text: ©  M. B. 2010  

abgedruckt in: Anthologie So ein Mensch, Geest-Verlag 2010 (Hrsg. Ellen Roemer)








1 Kommentar:

Michael Hermann hat gesagt…

Man wird an diesen Text gefesselt.
Versuche ihn durch "immerwiederlesen" zu verstehen.
Schöne Grüße,
Michael