Falsch-positive Eitelkeiten oder das Gegenteil vom Schwein
Sehr geehrte Frau Blauth,
ich freue mich, Ihnen
mitteilen zu dürfen …
Nein, kein Halsabschneider-Fake, sondern die Bestätigung der
Teilnahme an einer Grafik-Ausstellung, für die ich mich – mit den beiden oben
gezeigten Porträts – beworben hatte.
Also: Passepartouts in Auftrag geben, einen Termin verlegen – denn
Einlieferungstermine für Ausstellungen sind oft sehr eng bemessen; gleichzeitig
sollte es ein Planungsgespräch in knapp 100 km Entfernung geben, das ich nun
verschieben musste.
Na, so was erledigt man alles gern, wenn man sich darauf
freut, „dabei“ zu sein in der Ausstellung. Auch wenn es alles andere als
einfach war, einen neuen Planungstermin zu finden, auch, als ich zwei
Passepartouts bestellen wollte und zehn mindestabnehmen musste: Die Freude
überstrahlt doch so schnöde Dinge.
Heute dann so ein Tag, an dem man schon merkt, dass man mit dem
falschen Fuß aufsteht und nicht anders kann. In der Nacht waren mir so blöde
Gedanken durchs Hirn gewandert, dass ich sie mit einigen schlaflosen Stunden
bezahlen musste (nun gut, das passiert mir öfter mal, wenn auch nicht so
extrem), das Internet fiel aus, Sohn 1 meldete, dass ein Abfluss tropft, und
als das Internet wieder ging, wurde mir als erstes mitgeteilt, dass mein
gewohntes Mailprogramm eingestellt wird. Es hatte seine Macken, aber auch seine
Vorteile. In so was bin ich ja zugegebenermaßen ein Gewohnheitstier … na ja.
Kein Unglück, aber schon ärgerlich.
Die nächste Mail war leider auch nicht besser: „Jury-Ergebnis
fehlerhaft!“ lautete der Betreff, und innen drin hieß es dann: aufgrund eines Systemfehlers wurde das
Ergebnis der ersten Juryrunde falsch berechnet. Hä? Die bereits in der vergangenen Woche verschickten Zu- und Absagen für die Ausstellung sind entsprechend ungültig …
Die gewünschte telefonische Nachfrage ergab: Durchgefallen.
Hinter so einem Irrtum sitzt – der Mensch, kein „böser“ Rechner,
schon gar nicht das böse Internet. Im letzten Jahr ist mir nämlich schon so
etwas widerfahren, ohne Falschberechnung oder überhaupt Berechnung. Damals rief mich der
Herausgeber einer Anthologie an, dass ein Gedicht von mir aufgenommen wurde –
hey, wie schön. Als dann aber nichts weiter kam und ich mir ein Herz fasste und
nachfragte, hieß es, er habe es sich anders
überlegt. Damals war ich absolut „von den Pötten“, wie so was passieren
kann: Wie heißt denn wohl das Gegenteil vom Schwein?
Vom Schweinhaben?
Dass sich so’n Mist innerhalb von zehn Monaten wiederholen
könnte, nein, damit hatte ich sicher nicht gerechnet.
„Sehen Sie’s sportlich“, meinte der Anthologie-Typ damals
süffisant. Also ehrlich, das passt nicht. Denn wo wird denn ein Sportler nachträglich
vom Treppchen gestoßen, ohne jeden Dopingverdacht und solche fiesen Sachen? Nein,
sportlich sehen kann ich so was nicht: Ich ärgere mich, und zwar gehörig. Auch,
wenn ich ständig versuche, gegenzulächeln.
Als ich vorhin meine Arbeiten aus einer anderen, leider eher unspektakulären
Ausstellung abholte, waren die Stellwände mit meinem Bildern ohne Rücksprache woanders
postiert, was völlig doof aussah, mein Päckchen Visitenkarten lag ebenfalls
nicht mehr an seinem Platz (nämlich: weg, samt Behältnis).
Und so ärgere ich mich durch diesen Tag, in der Hoffnung, dass
es „das“ nun war und dass vielleicht doch noch das Schwein, das Glücksschwein
um die Ecke kommt und grunzt.
Ein Blick in facebook ließ mich dann doch ein wenig lächeln,
echt diesmal: Da beklagte sich eine Künstlerin über einen traurigen Tag. Ich
fürchtete Schlimmes, Schlimmeres als ich heute abarbeite, und postete ein paar
tröstende Worte. Halb so schlimm, meinte sie, ich hatte eine Zusage für eine
Ausstellung bekommen, die sich nun als Absage herausstellte. Nun gut, dann sind
wir schon zwei – lachte ich. Manchmal ist es ganz schön, nicht allein im Boot
zu dümpeln. Geteilter Ärger ist halber Ärger – oder so ähnlich.
Bilder und Text: © Marlies Blauth
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