Sonntag, 11. November 2018

im November ☙ Gedichte ❧ (11)






Teufelsfigur vor der St. Marienkirche in Lübeck



Paradox


Damit du Bescheid weißt:
ich bin der Zeitgeist!
In alter Zeit war ich allen bekannt.
Nun hab ich mich, Teufel auch!, umgenannt –
bin neuerdings ohne Hörner und Huf –
bleibt noch … mein überaus übler Ruf.

Die Lüge lieb ich in jeder Gestalt,
Hassworte und -gesten und die Gewalt
hau ich als Bot in die Netzwerke rein
und reib mir die teuflischen Hände: fein!
Eins meiner Lieblingsworte ist: ist schuld!
Doch geifer ich gern auch vom Schuldkult.

Ganz genau: du bist superschlau –
kannst stolz sein, sag ich dir, wie ein Pfau;
hast viel geleistet, brauchst einen Orden
(bist leider stets übersehen worden …) –
dann träufel ich Angst in deinen Bregen,
setz alles daran, dich aufzuregen:

Schau in die Stadt, es wird alles immer
verrückter, böser und täglich schlimmer.
Lass deinen Mut auf den Nullpunkt sinken:
nimms Pfefferspray mit zum Kaffeetrinken.
Ich höre dich gerne jammern und klagen,
sehnsuchtsvoll schielen nach alten Tagen –

als alles noch gut war … (dein Blick ist leer)
als Frau noch Frau war und Herr noch Herr –
heut, heulst du, darf man ja gar nichts mehr
politisch korrekt, ätz ich, bitte sehr!
Souffliere dir Genderwahn tief ins Ohr
geh lieber sofort dagegen vor …

Und diese schreckliche Ehe für alle
ist eine seeehr gefährliche Falle:
Woher denn sollen noch Kinder kommen?
Man hat dir damit die Rente genommen …
Ich mahne: Hör auf den Zeitgeist nich‘!
Aber der Zeitgeist, der bin ja ich –















© Marlies Blauth (Text und Foto)


frapalymo-Projekt 11/2018










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